Straßenprotest erweist sich seit langem als ganz zentraler Bestandteil politischer Kultur im Deutschland der Nachkriegszeit. Von den Friedensbewegungen der 50er bzw. 80er Jahre bis hin zu auch aktuellen Jugendbewegungen wie „Fridays for Future“ kann die Bundesrepublik auf eine äußerst erfolgreiche Geschichte politischer Meinungsäußerung zurückblicken, weshalb es wenig verwundert, dass auch in der aktuellen Corona-Krise von dieser Form des Protests Gebrauch gemacht wurde und solche Versammlungen zeitweise auch deren Berichterstattung dominierten. In nahezu allen deutschen Städten fanden sich – besonders gehäuft Mitte Mai – teils mehrere tausend Demonstranten zusammen, um ihrem Unmut über den staatlichen Umgang mit der Corona Pandemie Ausdruck zu verleihen. Rund einen Monat später, welcher pandemiespezifisch im Zeichen eines politischen Kurses sukzessiver Lockerungen der Auflagen stand, wirken solche „Anti-Corona/Hygiene Demos“, auch unter dem Eindruck der nun präsenten „Black lives matter“ Proteste, nur noch wie eine leise Erinnerung. Augenscheinlich zurecht stellt man sich in diesem Kontext die rhetorische, marginalisierende Frage „War’s das schon?“. Doch fordern einige beunruhigende Entwicklungen im Zusammenhang dieser Ereignisse eine nachträglich genauere Betrachtung gleichsam ein.