mit!denken

Corona-Diskurs

Prof. Dr. Katrin Gierhake, LL.M.

38. Kalenderwoche

Die 38. Kalenderwoche (14.09.-20.09.)1Liebe Leserinnen und Leser: Bitte beachten Sie, dass das Corona-Tagebuch dazu dient, einen Überblick über die Ereignisse sowie die mediale Berichterstattung während der Pandemie zu geben. Aus diesem Grund bedient sich das Corona-Tagebuch der Informationen aus den zitierten Quellen. Sinn und Zweck des Corona-Tagebuchs ist nicht, diese Informationen kritisch zu würdigen. Die Plattform mit!denken bezweckt jedoch einen kritischen Austausch hinsichtlich der Pandemie und ihrer Auswirkungen. Aus diesem Grund werden wir im Zusammenhang mit einzelnen Themen gegebenenfalls Artikel zur Vertiefung verlinken. Kritische Betrachtungen finden Sie außerdem unter der Rubrik „Weitere Stimmen“. Auch möchten wir Sie herzlich dazu einladen, selber kritische Beiträge für unseren Bereich „Perspektiven“ zu verfassen. steht ganz im Zeichen von Diskussionen um diverse Veranstaltungen. So stapeln sich in den Medien die Berichte über (Geister-)Fußballspiele, Karneval und Weihnachtsmärkte. Während für diese Geselligkeiten nahezu in einem Atemzug Lösungen angestrebt und gefunden werden, laufen in Garmisch-Partenkirchen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sowie der US-Army gegen eine amerikanische „Superspreaderin“ an.

Massentests in Garmisch-Partenkirchen

Als sogenannten „Superspreader“ bezeichnet man Personen, welche bei einer Epidemie eine ungewöhnlich hohe Anzahl an anderen Menschen anstecken. Dieser Titel gebührt gegebenenfalls einer jungen US-Amerikanerin, welche es, trotz wohl angeordneter Quarantäne und Corona-Symptomen, in das Nachtleben zog. Als Folge zeichnete sich schon im Laufe der vergangenen wie dieser Woche ab, dass mehr als 1000 Menschen auf das Virus getestet werden mussten, allerdings gab es davon nur drei positive Resultate. Erschwert wird die Ermittlungsarbeit des Gesundheitsamtes jedoch durch die falsche Angabe von Daten bei den Registrierungslisten in den betroffenen Lokalen. So seien mehrere Donald Trumps und Bill Gates aufgeführt, 2/3 aller Angaben seien falsch. In dem Hotel, in welchem die Frau arbeitet, sind bereits 25 weitere Angestellte positiv getestet worden, wobei unklar ist, ob tatsächlich die 26-Jährige die Quelle dieser Positivtestungen ist. Trotzdessen ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung bezüglich einer möglichen Verletzung der Quarantäne-Vorschriften. Auch die US-Army stellt Nachforschungen gegen ihre Staatsbürgerin an, da für alle US-Amerikaner vor Ort die Anweisung gilt, nicht am Nachtleben teilzunehmen.

Die Ermittlungen stagnieren jedoch dahingehend, dass das Landratsamt auf Nachfrage nicht angeben konnte, ob der Frau gesagt wurde, dass sie zuhause bleiben müsste oder ob es ihr nur geraten wurde. Dies sei aus Kapazitätsgründen nicht mehr nachzuvollziehen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann spricht sich klar dafür aus, dass man ihr wohl geraten habe, sich daheim zu distanzieren, jedoch ist für eine Strafverfolgung der Wortlaut entscheidend, so der Münchner Medizinjurist Andreas Spickhoff.

Während die Süddeutsche Zeitung aufzeigt, wie schnell ein Ort zum Hotspot werden könne, berichtet der Bonner Virologe Hendrik Streeck, dass das Steigen der Infektionszahlen nicht mehr entscheidend sei für die Beurteilung der Pandemie.

Hendrik Streeck zur Beurteilung der Corona-Strategie

Der Bonner Virologe und Vorgänger des Virologen-Kollegen Christian Drosten gibt an – trotz einer anderen Vorgehensweise – dasselbe Ziel zu verfolgen, wie sein Berliner Kollege: Das Virus optimal anzugehen. Streeck gibt im Interview mit der Welt bzw. dem Handelsblatt an, dass nicht lediglich die Zahl der steigenden Corona-Infektionen entscheidend sein dürfte für die Beurteilung der Lage, sondern womöglich die mit Covid-19 belegten stationären Betten. Er weist darauf hin, dass gerade trotz aktuell steigender Infektionszahlen kein Anstieg der Todeszahlen zu verzeichnen wäre. Zudem äußert er sich bezüglich der Mehrzahl an symptomlosen Verläufen bei jungen Menschen folgendermaßen:
Grundsätzlich solle man versuchen, Infektionen so gut es geht zu unterbinden. Man könne Infektionszahlen aber auch anders lesen: „Gesellschaftlich betrachtet sind Infektionen mit keinen Symptomen nicht zwangsweise schlimm. Je mehr Menschen sich infizieren und keine Symptome entwickeln, umso mehr sind – zumindest für einen kurzen Zeitraum – immun. Sie können zum pandemischen Geschehen nicht mehr beitragen.“ Zur Beurteilung der Lage zu Beginn der Pandemie meint der Virologe, dass es aufgrund der Unbekanntheit des Virus richtig war, das Corona-Virus zu überschätzen. Sinngemäß äußerte sich auch Jens Spahn, welcher rückblickend angibt, dass viele Maßnahmen mit dem jetzigen Wissensstand nicht mehr beschlossen würden. Versöhnlich meint Streeck zudem im Welt-Interview: „Wir können das Leben ja nicht pausieren lassen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass niemand – kein Politiker, kein Virologe, kein Epidemiologe – den einen, richtigen Weg im Umgang mit der Pandemie kennt. Wir können nur ausprobieren, und wir müssen auch Fehler machen dürfen.“ Dennoch gibt er an, dass er zu Beginn dafür plädiert hatte, Maßnahmen einzeln durchzuführen, um zu erkennen, welche am effektivsten sei. Der Bayerische Rundfunk zieht als Essenz aus dem Handelsblatt-Interview, dass Streeck die Pandemie in Deutschland als aktuell gut managebar bezeichnet und, dass er vor „Alarmismus“ und „Stimmungsmache“ warne. Zudem seien die Aussichten auf einen Impfstoff eher schlecht. Dem stehen die Aussagen des Paul-Ehrlich-Instituts diametral entgegen.

Auf die Frage hin wie Streeck kommende Veranstaltungen, wie Fußballspiele und Weihnachtsmärkte bewertet, gibt der Virologe als Antwort, dass jedes überzeugende Hygienekonzept in Erwägung gezogen werden sollte. Diesbezüglich kann wohl gesagt werden, dass die Antwort ganz im Sinne des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder ist.

Veranstaltungen: Weihnachtsmärkte, Fußballspiele und Karneval 

Zur Debatte der vergangenen Woche um die vielfach umstrittene Zuschauerfrage bei Fußballspielen, zeigt sich seit Mitte der Woche nun eine klare Linie: Bei einer sechswöchigen Testphase soll nun eine bestimmte Anzahl an Fans zugelassen werden. Die Grenze gilt für diverse Sportarten und beläuft sich auf zwanzig Prozent der jeweiligen Stadion-Kapazität. Für eine bessere Nachverfolgung von Infektionsketten werden Tickets ausschließlich personalisiert verkauft. Einen Zugang für Fans der Gastmannschaften soll es nicht geben. Einen Dämpfer gab es jedoch bereits für das vergangene Spiel zwischen dem FC Schalke und dem FC Bayern München. Die zunächst zugelassene Zuschauerzahl von 7500 wurde kurzfristig auf 0 zurückgestuft, nachdem das Infektionsgeschehen in München nicht zurückgegangen ist. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter sagte im Presse-Statement, dass „es […] ein falsches Signal [wäre], vor dem Hintergrund der aktuellen Inzidenzzahl des Robert-Koch-Instituts von 47,6, Zuschauer in die Sportstadien zu lassen.“

Zuversichtlich wäre man hingegen bei dem Stattfinden von Weihnachtsmärkten. Mit Maskenpflicht, festen Laufwegen und weniger Glühwein seien diese laut Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vorstellbar. Mit den Worten Hygiene, Abstand und Maske umschreibt auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ein mögliches Weihnachtsmarkgeschehen in der Corona-Zeit.

Für den Karneval in Nordrhein-Westfalen gibt die Landesregierung nun jedoch ein negatives Signal. Die kommende Saison wird weitgehend abgesagt. Karnevalistische Kulturveranstaltungen, die der geltenden Corona-Schutzverordnung und den Hygienevorschriften entsprechen, dürften hingegen dennoch stattfinden, ähnlich wie alle Veranstaltungen unter freiem Himmel, welche die Corona-Schutzmaßnahmen erfüllen. Grünes Licht wird es für Rosenmontagszüge, Karnevalsbälle, Partyformate, Prunksitzungen und dergleichen ohne Beachtung des Abstandsgebotes nicht geben. Die Landesregierung empfiehlt den Kommunen sogar dort Alkohol- und Verweilverbote zu erlassen, wo üblicherweise mit größeren Ansammlungen zu rechnen ist.

International: Corona-App und Reisewarnungen 

Neuigkeiten gibt es nun auf internationaler Ebene auch bei der 18-millionenfach heruntergeladenen Corona-App. Diskutiert wird hier eine Ausweitung des Warn-Radius auf andere Länder. So soll die deutsche Variante nun mit ausländischen Anwendungen gegebenenfalls kompatibel werden, um Nutzer auch grenzüberschreitend zu warnen. Die Apps aus Deutschland, Tschechien, Dänemark, Irland, Italien und Lettland sollen über einen gemeinsamen Server in Luxemburg miteinander kommunizieren können.

Grenzüberschreitend gab es auch Pressemitteilungen wegen neuer Reisewarnungen für unter anderem Budapest, Prag und Wien und weitere Gebiete. Für Nicht-Risikogebiet-Reisrückkehrer lief nun zudem mit dem Ende der Sommerferien die kostenlose Corona-Test-Möglichkeit aus.

 

References
1 Liebe Leserinnen und Leser: Bitte beachten Sie, dass das Corona-Tagebuch dazu dient, einen Überblick über die Ereignisse sowie die mediale Berichterstattung während der Pandemie zu geben. Aus diesem Grund bedient sich das Corona-Tagebuch der Informationen aus den zitierten Quellen. Sinn und Zweck des Corona-Tagebuchs ist nicht, diese Informationen kritisch zu würdigen. Die Plattform mit!denken bezweckt jedoch einen kritischen Austausch hinsichtlich der Pandemie und ihrer Auswirkungen. Aus diesem Grund werden wir im Zusammenhang mit einzelnen Themen gegebenenfalls Artikel zur Vertiefung verlinken. Kritische Betrachtungen finden Sie außerdem unter der Rubrik „Weitere Stimmen“. Auch möchten wir Sie herzlich dazu einladen, selber kritische Beiträge für unseren Bereich „Perspektiven“ zu verfassen.